Geschäfts­bericht 2022

Energiegeschäft

Gasversorgung

In unserem Gasgeschäft bestanden die beiden zentralen Herausforderungen in der Sicherung der physischen Gasversorgung und im Management der Preisexplosion an den Großhandelsmärkten – beides unmittelbare Folgen der deutschen und europäischen Erdgasabhängigkeit von Russland.

Während die Vorbereitung auf eine potentielle Gasmangellage in der Verantwortung unserer Netztöchter Rhein-Sieg Netz GmbH (RSN) und Westerwald-Netz GmbH (WWN) lag, stellten die Allzeithochs bei den Gas- und Stromnotierungen sowie die dadurch ausgelösten politischen Entlastungsmaßnahmen unser Energiegeschäft vor größte Herausforderungen. Es galt, die Beschaffung im Großhandel sicherzustellen, in dem die Preise in neue Dimensionen vorstießen, extrem volatil waren und sowohl die verfügbaren Mengen als auch die Vertragsflexibilität stark eingeschränkt waren. Vertrieblich mussten wir auf diese Beschaffungskostenexplosion mit insgesamt drei Preisrunden reagieren und Preisschritte gegenüber den Kunden kommunizieren, die es in diesem Umfang nie zuvor bei rhenag gegeben hatte. Viele Gewerbe- und Haushaltskunden waren mit Gaskosten konfrontiert, die sie an die Belastungsgrenze führen.

Das schnelle und in der Grundintention richtige Handeln des Gesetzgebers erhöhte für uns, die wir die politischen Stabilisierungs- und Entlastungsziele in Tarife und bestehende Rechenlogiken unserer Abrechnungssoftware übersetzen mussten, ab der zweiten Jahreshälfte noch einmal die Komplexität. Angesichts der Flut von gesetzlichen Neuerungen, die – Stichwort: Gasbeschaffungsumlage – teilweise nur eine geringe Halbwertzeit hatten, stand die Organisation unter enormem Druck. Und dies umso mehr, als dass der Kommunikationsbedarf bei den verunsicherten Kunden sprunghaft anstieg. Die Folge waren lange Wartezeiten in der Telefonie und im Schriftverkehr.

Als Spezifikum des Krisenjahres 2022 kam hinzu, dass die Höchststände an den Beschaffungsmärkten die Tarifrelationen auf den Kopf stellten. Die Gasgrundversorgungstarife – auch die der rhenag – waren plötzlich günstiger als die Sonderverträge, die am Markt angeboten wurden. Dies führte zu einem Zustrom an fremdversorgten Kunden in die rhenag-Grundversorgung. Diese nicht planbaren Kundenzugänge galt es sowohl beschaffungsseitig als auch in den Tarifen wirtschaftlich, rechtssicher  und auch für die Bestandskunden fair abzubilden. Insgesamt haben wir unter diesen extrem herausfordernden Rahmenbedingungen die Gasversorgung für alle Kunden sichergestellt und unseren Versorgungsauftrag erfüllt.

Im gesamten Jahresverlauf lag der Gasabsatz mit 1,38 Mrd. kWh leicht unter dem Vorjahreswert von 1,56 Mrd. kWh. Aufgrund der sehr milden Witterung wäre der Mengenrückgang noch deutlicher ausgefallen. Er wurde jedoch durch die beschriebenen Kundenzugänge teilweise kompensiert.

Stromversorgung

Auch in unserer Stromsparte mussten wir insbesondere aufgrund der stark gestiegenen Beschaffungskosten die Preise in der Grundversorgung und in den Sonderverträgen deutlich anheben. Die Entlastung durch den Wegfall der EEG-Umlage ab dem 1. Juli 2022 blieb damit ein temporärer Effekt.

Der Absatz blieb mit 187 Mio. kWh leicht unter Vorjahresniveau (2021: 190 Mio. kWh). Die deutliche Verteuerung des Stroms führte zu Einspareffekten in allen Kundensegmenten. Da der überregionale Vertrieb aufgrund der Preisexplosion im Stromgroßhandel seit Mitte des Jahres faktisch nicht mehr stattfand, blieben absatzsteigernde Effekte durch überregionale Kundengewinne aus.

Wasserversorgung

Die Absatz- und Umsatzzahlen liegen mit rund 1,5 Mio. m³ Wasser und 3,5 Mio. € (ohne Betriebsführung) auf dem Niveau des Vorjahres.

Energienahe Dienstleistungen

Die Bedeutung der energienahen Dienstleistungen für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung wächst. Auch die Instrumentalisierung des Erdgases als energiepolitische Waffe durch Russland hat noch einmal den Druck deutlich verstärkt, Alternativen zur klassischen Erdgasheizung zu entwickeln.

Vor diesem Hintergrund sind wir seit der zweiten Jahreshälfte 2022 mit einem neuen Wärmepumpen-Contracting-Angebot am Markt. Der Contracting-Ansatz ist aufgrund der wesentlich höheren Investitionskosten von Wärmepumpen im Vergleich zu konventioneller Brennwert-Heiztechnik besonders attraktiv. Dies gilt umso mehr, als dass auch die Zinsen, die Kunden für die Finanzierung einer Wärmepumpe zahlen müssen, 2022 deutlich gestiegen sind.

Einem über Einzelprojekte hinausgehenden tatsächlichen Hochlauf dieses Geschäfts stand 2022 jedoch der Engpass an Geräten und an Fachkräften entgegen. Die Geräte hatten 2022 Lieferzeiten von sechs bis zwölf Monaten, viele Modelle waren gar nicht lieferbar. Auch standen aufgrund dieser Lieferengpässe und des verbreiteten Fachkräftemangels kaum Installateure zur Verfügung, die belastbare Angebote für den Einbau einer Wärmepumpe abgaben. Vor diesem Problem stand 2022 die gesamte Branche.

Was in puncto innovativer Wärmelösungen technisch möglich ist, zeigt unser Leuchtturmprojekt „Heizen mit Eis“ in Rommerskirchen. Hier war 2021 der Startschuss gefallen, 2022 starteten die Bauarbeiten des „Kalten Nahwärmenetzes“, dessen Herz ein Eisspeicher ist. Zusammen mit Erdwärme, Solarthermie und Wärmepumpen trägt dieser Eisspeicher, der sowohl Kälte als auch Wärme (Stichwort: Kristallisationsprozess) erzeugen kann, die Heizlast von rund 110 kW. Ein intelligentes Energiemanagement sorgt dafür, dass die geplanten acht Einfamilienhäuser, das Doppelhaus, die drei Reihenhäuser sowie das Bestandsobjekt und die Kita dieses Quartiers hocheffizient und mit minimalen Emissionen versorgt werden. Die Bauarbeiten gingen planmäßig voran und wurden zur aktiven Kommunikation der Wärmewende filmisch begleitet.

Das wachsende Autarkiebedürfnis und die hochschnellenden Öl-, Gas- und Strompreise im Zuge des russischen Angriffskrieges haben der Nachfrage nach einer eigenen Photovoltaik-Anlage bei den Hausbesitzern 2022 weiter Auftrieb verliehen. Trotz einer deutlichen Steigerung bei den Preisen für Module, Batteriespeicher und Wechselrichter konnte rhenag über ihre Tochter BAU-KO Solar im PV-Segment weiter wachsen. Insgesamt wurden über 200 PV-Anlagen und 158 Batteriespeicher installiert – ein Zuwachs von gut 25 Prozent bei den PV- Anlagen und knapp 82 Prozent bei den Batteriespeichern gegenüber dem Vorjahr.

Regenerative Erzeugung

rhenag erzeugt regenerativen Strom sowohl auf überregionaler als auch auf regionaler Ebene. Überregional sind wir Teil des Green GECCO-Konsortiums, eines Zusammenschlusses von 29 Stadtwerken und der RWE Renewables GmbH (vormals innogy SE). Das Green GECCO-Portfolio besteht ganz überwiegend aus Onshore-Windenergieanlagen, die in internationalen und deutschen Windparks betrieben werden. Im Dezember 2021 hat das Green GECCO-Konsortium die Energieerzeugung aus Windkraft um das Geschäftsfeld Solarstromerzeugung erweitert.

Die Stromerzeugung der deutschen Wind-Gesellschaften lag 2022 leicht über Planniveau. Bei der britischen Gesellschaft An Suidhe zeigte sich ein anderes Bild. Hier erreichte die Stromerzeugung nicht das geplante Niveau. Grund hierfür waren Erneuerungsarbeiten am britischen Hochspannungsnetz und der damit verbundene Stillstand der Anlage. Die Solarstromerzeugung blieb im ersten vollen Produktionsjahr witterungsbedingt unter den geplanten Werten.

Die Erlöse der Green GECCO-Stromerzeugung profitierten dagegen von den hohen Marktpreisen und übertrafen die Planwerte deutlich.

Der Hauptfokus unseres Regenerativ-Engagements liegt auf der regionalen Ebene. Der Windpark im westerwäldischen Höhn, den wir zusammen mit dem benachbarten Partnerunternehmen Energieversorgung Mittelrhein AG (evm) aus Koblenz betreiben, konnte seine Stromproduktion gegenüberdem Vorjahr um rund 28 Prozent steigern und mit insgesamt 33,3 Mio. kWh den Planwert von 34 Mio. kWh fast erreichen. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser guten Performance hat die hohe Verfügbarkeit der fünf Windkraftanlagen geleistet, die 2022 ohne Unterbrechung Strom produziert haben.

Für die Solarstromerzeugung im Freiflächen-Park Hachenburg, an dem wir über unsere Tochter energienatur Gesellschaft für Erneuerbare Energien mbH beteiligt sind, war 2022 eines der besten Jahre seit Bestehen. Vor allem die Monate Mai bis August und dann noch einmal der Oktober waren sehr sonnenreich. Mit 9,5 Mio. kWh lag die Produktion 20 Prozent über Plan.

Wirtschaftlich profitierte die Regenerativerzeugung 2022 von den sehr hohen Marktpreisen und den damit stark steigenden Direktvermarktungserlösen. Damit konnten insbesondere beim Windpark Höhn die in den letzten Jahren unterdurchschnittlichen Ergebnisse in Teilen ausgeglichen werden.